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VGH Kassel: Laufbahnnachzeichnung bei Langzeit-Freistellung

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel gab in zweiter Instanz dem Konkurrentenantrag einer freigestellten Schwerbehindertenvertretung statt, die seit 2005 vom Dienst freigestellt war und seither „fiktiv nachgezeichnet“ wurde. Sie bewarb sich („fiktiv“) als Sachgebietsleiterin Personal und griff die Auswahl eines Kollegen an, dessen tatsächliche Beurteilung besser war als ihre fiktive Fortschreibung. Zusätzlich hatte die Dienststelle Auswahlgespräche geführt, bei denen man dem Kollegen ebenfalls eine bessere Eignung zuschrieb. Der VGH schloss sich der Rechtsprechung an, dass die letzte tatsächliche Beurteilung eine Nachzeichnung allenfalls für 10 Jahre ermöglicht. Strenger als das Oberverwaltungsgericht NRW in Münster, untersagt der VGH für Hessen auch ein Ausweichen auf „strukturierte Auswahlgespräche“: Den Freigestellten müsse bei Überschreiten der 10-Jahres-Schwelle der Erwerb einer neuen Beurteilung angeboten werden, wofür eine tatsächliche Arbeitsleistung mindestens halbtägig für mindestens ein halbes Jahr ausreiche. Andernfalls seien Freistellung durch den Leistungsgrundsatz und die Grundrechte der nicht freigestellten Bewerber (Art. 33 Abs. 2 GG) von Beförderungen ausgeschlossen.

So hatte sich die Kollegin das wohl nicht gedacht. Nun ist zwar die Stelle blockiert. Aber die Kollegin wird sie nur bekommen, wenn sie zuvor ihre Freistellung für mindestens 6 Monate aufgibt und sich auf einem vorhandenen Dienstposten eine neue tatsächliche Beurteilung abholt. Der Dienststelle wurde zum Verhängnis, dass man ihr das nicht angeboten hatte. Insofern: Pyrrhus-Sieg für mehrere Beteiligte zugleich.

Quelle:     Beschluss des VGH Kassel v. 30.3.2022 – 1 B 308/21