BVerwG: Altersdiskriminierende Besoldung von Beamten begründet weiterhin Zahlungsanspruch von 100 €/Monat

BVerwG: Ruhegehaltfähigkeit der letzten Beförderung – Wartefrist auch bei Stellenhebung
8. April 2017
BAG: Abgekürzte Kündigungsfrist in der Probezeit nur bei eindeutiger Vertragsgestaltung
8. April 2017

BVerwG: Altersdiskriminierende Besoldung von Beamten begründet weiterhin Zahlungsanspruch von 100 €/Monat

Leipzig/ Kassel. Ein Beamter kann auch nach der Verkündung des Urteils des EuGH in der Sache „Hennigs und Mai“ vom 8. September 2011 vom Dienstherrn eine Zahlung von 100 €/Monat verlangen, wenn sich seine Besoldung weiterhin nach Vorschriften gerichtet hat, die die Höhe der Bezüge unter Verstoß gegen das Unionsrecht allein vom Lebensalter abhängig gemacht haben. Dieser Betrag ist von der Dauer der Geltung der diskriminierenden Besoldungsgesetze unabhängig und ist auch bei einer Teilzeitbeschäftigung nicht zu reduzieren. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.

Die Kläger der beiden Verfahren sind Beamte des Landes Hessen. Bis Ende Februar 2014 richtete sich die Bemessung ihrer Bezüge nach §§ 27 und 28 Bundesbesoldungsgesetz a.F. Diese Vorschriften waren als Altersdiskriminierung mit der Richtlinie 2000/78/EG unvereinbar. Denn sie benachteiligten jüngere Beamter allein wegen ihres Lebensalters (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, C-501/12 u.a., Specht). Im Dezember 2012 rügten die Kläger die unionsrechtswidrige Bemessung ihrer Dienstbezüge.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hatte das Land verurteilt, den Klägern für den Zeitraum von Januar 2012 bis Ende Februar 2014 jeweils 100 €/Monat (insgesamt 2 600 €) zu zahlen. Der unionsrechtliche Haftungsanspruch bestehe wegen der Geltendmachung im Dezember 2012 für das gesamte Kalenderjahr 2012. Der Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) bestehe wegen der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG für den Zeitraum ab Oktober 2012.

Das Bundesverwaltungsgericht hat auf die Revisionen des Landes die Zahlung von 100 €/Monat auf den Zeitraum von November 2012 bis Februar 2014 reduziert. Die Geltendmachung der unionsrechtswidrigen Besoldung im Dezember 2012 begründet den unionsrechtlichen Haftungsanspruch lediglich für den Zeitraum ab Januar 2013, weil die Dienstbezüge für Dezember 2012 bereits im November zugegangen waren, sie hat keine Rückwirkung für das Kalenderjahr. Der Anspruch nach § 15 Abs. 2 AGG besteht erst für den Zeitraum ab November 2012. Für die Oktoberbezüge 2012 war die Ausschlussfrist von zwei Monaten nach § 15 Abs. 4 AGG zum Zeitpunkt des Widerspruchs der Kläger am 17. Dezember 2012 bereits abgelaufen. Hinsichtlich der Höhe der monatlichen Zahlung bleibt es bei dem bereits in den Urteilen vom 30. Oktober 2014 (z.B. BVerwG 2 C 6.13) in Anlehnung an § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG als angemessen angesehenen Betrag von 100 €/Monat. Dieser unabhängig von der Besoldungsgruppe des betroffenen Beamten festgesetzte Betrag ist nicht entsprechend der Dauer der Geltung der altersdiskriminierenden Besoldungsbestimmungen zu steigern oder im Hinblick auf eine Teilzeitbeschäftigung eines Beamten zu reduzieren.

Urteile vom 6. April 2017 –BVerwG 2 C 11.16 undBVerwG 2 C 12.16

(Pressemitteilung 25/2017 des Gerichts)