BGH: Beweisverwertungsverbot bei Durchsuchung ohne richterlichen Beschluss

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BGH: Beweisverwertungsverbot bei Durchsuchung ohne richterlichen Beschluss

Karlsruhe. Das Fehlen einer richterlichen Durchsuchungsanordnung führt zu einem Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der bei der Durchsuchung gewonnenen Beweismittel, wenn der Staatsanwalt die Maßnahme unter Inanspruchnahme seiner Eilkompetenz angeordnet hat, ohne zuvor versucht zu haben, einen Richter zu erreichen. In diesem Fall kann die Staatsanwaltschaft die Beweismittel auch nicht mit der Behauptung „retten“, dass der Ermittlungsrichter die Durchsuchung angeordnet hätte, wäre er befragt worden. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem inzwischen veröffentlichten Beschluss. Zur Unbeachtlichkeit eines „hypothetisch rechtmäßigen Ermittlungsverlaufs“ erklärten die Bundesrichter unter Verweis auf frühere Entscheidungen:

„… Anders als der Generalbundesanwalt meint, kann dem Aspekt eines möglichen hypothetisch rechtmäßigen Ermittlungsverlaufs (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 18. November 2003 – 1 StR 455/03, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 4) bei – wie hier – solcher Verkennung des Richtervorbehalts keine Bedeutung zukommen (vgl. auch BGH, Urteil vom 18. April 2007 – 5 StR 546/06, BGHSt 51, 285, 295 f.; Beschluss vom 30. August 2011 – 3 StR 210/11, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 8). Die Einhaltung der durch § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO festgelegten Kompetenzregelung könnte in diesen Fällen bei Anerkennung des hypothetisch rechtmäßigen Ersatzeingriffs als Abwägungskriterium bei der Prüfung des Vorliegens eines Beweisverwertungsverbots stets unterlaufen und der Richtervorbehalt sogar letztlich sinnlos werden. Bei Duldung grober Missachtungen des Richtervorbehalts entstünde gar ein Ansporn, die Ermittlungen ohne Einschaltung des Ermittlungsrichters einfacher und möglicherweise erfolgversprechender zu gestalten. Damit würde das wesentliche Erfordernis eines rechtstaatlichen Ermittlungsverfahrens aufgegeben, dass Beweise nicht unter bewusstem Rechtsbruch oder gleichgewichtiger Rechtsmissachtung erlangt werden dürfen (BGH, Urteil vom 18. April 2007 – 5 StR 546/06, BGHSt 51, 285, 296; Beschluss vom 30. August 2011 – 3 StR 210/11, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 8).“

Quelle: Beschluss des BGH v. 21.04.2016 – 2 StR 394/15, abgedruckt in: „Der Strafverteidiger“ (StV) 2016, 539