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BVerwG: Mitbestimmung bei Langzeitkonten für Soldaten

Leipzig/ Berlin. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat dem Gesamtvertrauenspersonenausschuss (GVPA) beim Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) ein vorösterliches Ei ins Nest gelegt, welches im Ministerium wohl eher als dickes Ei empfunden werden wird.

Das Ministerium hatte in § 17 Soldatenarbeitszeitverordnung (SAZV vom 16.11.2015, BGBl. I S. 1995) eine bis 31.12.2020 befristete Erprobung von Langzeitkonten eingeführt; dazu wurden auch ergänzende Regelungen in dem Erlass A-1420/34 getroffen. Im Juli 2020 brachte der GVPA gestützt auf § 38 Abs. 3 Satz 3 SBG einen förmlichen Vorschlag (Initiativantrag) ein, die Befristung zu verlängern und dazu ergänzende Übergangsregeln per Erlass zu treffen. Der Antrag ging wegen der Verlagerung der Zuständigkeit in ein anderes Referat im Haus unter. Ende 2020 klemmte es dann, worauf das BMVg am 17.12.2020 hastig eine Übergangsregelung per Erlass herausgab und eine rückwirkende Verlängerung des § 17 SAZV ankündigte (die dann ebenfalls verstolpert wurde). Beteiligung fiel aus, der GVPA wurde lediglich „zur Kenntnisnahme“ unterrichtet.

Der GVPA beschwerte sich, weil sein Initiativantrag nicht bearbeitet wurde. Das BMVg zog sich nun darauf zurück, dass dem GVPA keine Beteiligung bei Rechtsverordnungen zustehe (§ 38 Abs. 3 Satz 5 SBG). Damit fiel die Bürokratie nun krachend auf die Nase. Das BVerwG bestätigte, dass Erlassregelungen über Langzeitkonten der Mitbestimmung des GVPA unterliegen, der Vorschlag des GVPA daher als Initiativantrag im Wege der Mitbestimmung nach § 23 SBG zu behandeln war. Wesentliche Feststellungen:

1.       „Gestaltung des Dienstbetriebes“ (§ 25 Abs. 2 Nr. 1 SBG) mit der Folge eines Anhörungs- und Vorschlagsrechts nach §§ 21, 22 SBG sind alle Anordnungen, die auf Art, Umstände und Umfang des Dienstes einwirken. Das entspricht der Auslegung des § 65 BPersVG. Dazu zählen Langzeitkonten nicht, weil sie nur den Ausgleich angesammelter Zeitguthaben regeln.

2.       Langzeitkonten sind keine Maßnahmen zur Verhütung von Gesundheitsgefahren (§ 25 Abs. 3 Nr. 10 SBG = § 80 Abs. 1 Nr. 16 BPersVG), weil sie Überstunden in der Ansparphase zulassen und daher „Schutz vor Überbelastung“ nicht das Regelungsziel, sondern allenfalls erwünschter Nebeneffekt sei.

3.       Langzeitkonten sind aber Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Dienst (§ 25 Abs. 3 Nr. 8 SBG = § 80 Abs. 1 Nr. 13 BPersVG), weil darunter Maßnahmen nach Abschnitt 3 SGleiG (§§ 12 ff. SGleiG = §§ 15 ff. BGleiG) fallen.

Aus Sicht des GVPA heißt das: Anhörung gefordert, Mitbestimmung bekommen. Für die Leitung BMVg heißt das: absteigen vom hohen Ross wäre angezeigt. Aber auch Personalräte können damit zu den Parallelvorschriften des BPersVG und der Landesgesetze ihre Mitbestimmung einfordern, soweit noch nicht erfolgt.

 

Quelle: Beschluss des BVerwG vom 24. März 2022 1 WB 19.21