Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am 11. Juli 2017 seine Entscheidung über fünf von elf dort anhängigen Verfassungsbeschwerden gegen das 2015 beschlossene „Tarifeinheitsgesetz“ verkündet. Laut Pressemitteilung 57/2017 des Gerichts ist das Gesetz „weitgehend mit dem Grundgesetz vereinbar“. Freilich lohnt ein näherer Blick auf die Entscheidung, denn laut Kostenentscheidung haben sich die Verfassungsbeschwerden immerhin mit etwa einem Drittel ihres Anliegens dann doch durchgesetzt.
Das BVerfG hat nun § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt, soweit die Vorschrift nicht sicherstellt, dass der verdrängende Tarifvertrag auch die Interessen der Berufsgruppe, deren Tarifvertrag verdrängt wird, angemessen berücksichtigt (Tenor 1). Der Bundestag muss dafür bis Ende 2018 eine verfassungskonforme Neuregelung finden; bis dahin darf die Vorschrift nur unter besonderen Einschränkungen angewendet werden (Tenor 2). Ansonsten darf das Tarifeinheitsgesetz nur in der Auslegung entsprechend der Urteilsbegründung des BVerfG angewendet werden (Tenor 2). Die Urteilsformel lautet:
Damit kann nun das Mitgliederzählen in jedem Betrieb beginnen. Freilich werden Tarifverträge durch Unternehmen (Arbeitgeber) oder Arbeitgeberverbände geschlossen, nicht durch einzelne Betriebe. § 4a TVG stellt aber auf die Stärkeverhältnisse im einzelnen Betrieb ab. Logisch folgt daraus, dass dann im gleichen Unternehmen unterschiedliche Tarifverträge sich verdrängen können je nachdem, welche Gewerkschaft in welchem Betrieb mehr Mitglieder hat. Das musste das Gericht aber nicht interessieren.
Die Pressemitteilung (einschließlich Link auf das vollständige Urteil) finden Sie hier:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2017/bvg17-057.html