OVG NRW: Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit keinen Verwaltungsakt!

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OVG NRW: Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit keinen Verwaltungsakt!

Münster. In einem Beschluss vom 11.11.2020 hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entschieden, dass die einem Beamten mitgeteilte Feststellung des Dienstvorgesetzten nach § 4 Abs. 2 BPolBG, er sei polizeidienstunfähig, kein Verwaltungsakt ist, sondern lediglich ein unselbständiger Verfahrensschritt ohne Regelungscharakter, der die den Status des Beamten ändernde oder berührende Entscheidung des Dienstherrn über dessen weitere Verwendung nur vorbereitet.

Insoweit war in der Rechtsprechung bereits für den Fall des Zwangspensionierungsverfahrens wegen Dienstunfähigkeit herausgearbeitet worden, dass die Mitteilung des Dienstvorgesetzten an den Beamten, er halte diesen für dienstunfähig und beabsichtige deshalb seine Versetzung in den Ruhestand, nur ein unselbständiger, die abschließende Entscheidung nur vorbereitender Teil des Zwangspensionierungsverfahrens sei, der mangels Regelungscharakters und Außenwirkung kein Verwaltungsakt sein könne (BVerwG, Urteile vom 31. Mai 1990, – 2 C 55.88 –und vom 27. Juni 1991 – 2 C 26.89 –). Diese Überlegungen werden jetzt vom OVG auf die Mitteilung nach § 4 Abs. 2 BPolBG, § 2 BPolBG i. V. m. §§ 44, 47 BBG übertragen, und zwar ungeachtet des Umstands, dass die Polizeidienstunfähigkeit im Bundesrecht nach § 4 Abs. 2 BPolBG "festgestellt" wird (anders als z.B. § 34 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW 2016, der nur davon spricht, dass der Dienstvorgesetzte den Beamten für dienstunfähig "hält").

Daraus ergeben sich in der Praxis erhebliche Konsequenzen.

Zum ersten entfaltet damit die „Feststellung“ der Polizeidienstunfähigkeit (noch) keine praktischen Konsequenzen; eine relevante Änderung des Rechtsstatus tritt erst ein, wenn in Umsetzung dieser Erkenntnis tatsächlich Folgerungen gezogen werden (Pensionierung wegen Dienstunfähigkeit, Vornahme eines Laufbahnwechsels u. dgl.).

Zum zweiten kann eine solche Feststellung nicht mangels rechtzeitigen Widerspruchs bzw. fristgerechter Klage eine Bestandskraft entwickeln; der Beamte kann jederzeit geltend machen dass die der Feststellung zu Grunde liegenden Annahmen unzutreffend sind oder sich inzwischen bereits wieder geändert haben. Da es eine reine Vorbereitungsmaßnahme ist, wird er nicht mit Einwendungen ausgeschlossen.

Zum dritten aber bedeutet der vom OVG eingenommene Rechtsstandpunkt, dass die PDU-Feststellung selbst nicht isoliert angefochten werden kann (Widerspruch, Klage); sie wird damit zur lediglich vorbereitenden behördlichen Verfahrenshandlung deklariert, die nicht gesondert angefochten werden kann, sondern erst im Zusammenhang mit einer Prüfung der im Endergebnis ergehenden Maßnahme.

Quelle: OVG NRW, Beschluss v. 11.11.2020 – 1 B 1242/20, ZBR 2021, 280 = RiA 2021, 80.