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BVerwG: Anwaltskosten bei disziplinaren Ermittlungen gegen Vertrauensperson

Berlin/ Leipzig. Wieder im Rahmen des Streits um die Anwaltskosten stärkte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) den Schutz der nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz (SBG) gewählten Vertrauenspersonen in der Bundeswehr gegen Versuche der Amtsseite, sie mit Ermittlungsverfahren nach der Wehrdisziplinarordnung (WDO) zu „zähmen“. § 15 Abs. 2 SBG verbietet (wie alle Vorgängerregelungen seit 1956) dem nächsten Disziplinarvorgesetzten, die VP mit Disziplinarmaßnahmen zu belegen; dies ist dem nächsthöheren Vorgesetzten vorbehalten.

In dem jetzt entschiedenen Fall hatte unbeirrt ein „führungsstarker“ Kompaniechef gegen seine VP der Unteroffiziere Ermittlungen nach der WDO geführt und reihenweise Soldaten der Einheit vernommen, um Material gegen die VP in die Hand zu bekommen. Die VP bekam das mit, worauf flugs der vorgesetzte Kommandeur die Sache an sich zog, und das Ermittlungsverfahren auch hurtig einstellte mangels Dienstvergehen.

Allerdings wurde der VP jede Auskunft verweigert, wegen welcher Verdachtsmomente überhaupt gegen ihn ermittelt worden war. Also beschwerte er sich und verlangte Auskunft und Akteneinsicht dazu, was ihm überhaupt vorgeworfen worden sei. Denn sonst stehe ja auch nicht fest, was eingestellt worden sei.

Die Weigerung wurde aber auch im Beschwerdeverfahren gestützt, ebenso durch das Truppendienstgericht (TDG) Nord. Das Verfahren sei ja eingestellt, also der VP nichts geschehen; ihre Beschwerde sei unzulässig, Anwaltskosten würden dafür auch nicht erstattet.

Das sah der 1. Wehrdienstsenat anders:

Wird ein Disziplinarverfahren durch Absehensverfügung nach § 36 WDO eingestellt, dann muss klar sein, was eingestellt wird. Gehe es zudem darum, dass ein unzuständiger Vorgesetzter ermittelt hat, kann darin eine Rechtsverletzung der VP liegen, die auch einklagbar ist.

Im Kostenpunkt erklärt das Gericht den „Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit“:

„Da der Einheitsführer sich fachlichen Rat und juristische Hilfe bei der hinter ihm stehenden Organisation mit ihrem Fachpersonal und ihrem Rechtsberater einholen kann, muss auch die VP aus Gründen der Waffengleichheit beim Streit um ihre Beteiligungsrechte grundsätzlich auf sachverständigen Rat zurückgreifen dürfen. Daher ist hier – wie im Regelfall – die Entscheidung der VP nicht mutwillig, einen Rechtsanwalt bereits im vorgerichtlichen Verfahren beizuziehen.“

Quelle: Beschluss des BVerwG vom 19. 12. 2019 – 1 WRB 5.18