RA Hebrock für Projekt beurlaubt
10. April 2018
BGH: Dashcam-Video im Haftpflichtprozess zulässig
19. Mai 2018

BFH: Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Nachzahlungszinsen

München. Der Bundesfinanzhof (BFH) zweifelt an der Verfassungsmäßigkeit von Nachzahlungszinsen für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2015. Er hat daher mit Beschluss vom 25. April 2018 – IX B 21/18 in einem summarischen Verfahren Aussetzung der Vollziehung (AdV) gewährt. Die Entscheidung ist zu §§ 233a, 238 der Abgabenordnung (AO) ergangen. Danach betragen die Zinsen für jeden Monat o,5 Prozent einer nachzuzahlenden oder zu erstattenden Steuer (also 6 % p.a.). Allein bei der steuerlichen Betriebsprüfung vereinnahmte der Fiskus im Bereich der Zinsen nach § 233a AO in den letzten Jahren mehr als 2 Mrd €.

Entgegen einem Beschluss des Finanzgerichts hat der BFH dem Antrag stattgegeben und die Vollziehung des Zinsbescheids in vollem Umfang ausgesetzt. Nach dem Beschluss des BFH bestehen im Hinblick auf die Zinshöhe für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2015 schwerwiegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 233a AO i.V.m. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO. Der BFH begründet dies mit der realitätsfernen Bemessung des Zinssatzes, die den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletze. Der gesetzlich festgelegte Zinssatz überschreite den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität erheblich, da sich im Streitzeitraum ein niedriges Marktzinsniveaus strukturell und nachhaltig verfestigt habe.

Setzt das Finanzamt (oder auch die Gemeinde bei Grund- oder Gewerbesteuer) solche Verspätungszinsen fest, dann sollten betroffene Steuerzahler umgehend solche Bescheide anfechten und auch für sich „Aussetzung der Vollziehung“ beantragen, bis die Rechtsfrage endgültig geklärt ist.

Dagegen sind die Behörden in der Regel nicht verpflichtet, auch bestandskräftig abgeschlossene Verfahren wieder zu eröffnen.

Quelle: Beschluss des IX. Senats vom 25.4.2018 – IX B 21/18 –; PM 23/18 des Gerichts